Montag, 30. April 2012

Strassenkinder

Es ist soweit. Es ist Freitag der 13., Zoe ist zurück, wir verlassen unser traumhaftes Domizil und leben von nun an in unserem Van. Da wir aber beide übers Wochenende noch arbeiten, parken wir das Auto erstmal in der Einfahrt eines Freundes. So fällt die Eingewöhnung auf unser zukünftiges Leben nicht ganz so schwer. Wir haben eine Toilette und Dusche, wir haben Strom und wenn uns kalt oder langweilig ist, oder es in Strömen regnet, gehen wir ins Haus um uns zu wärmen oder fernzusehen. Dinge, die in naher Zukunft nicht selbstverständlich sind.


Und dann ist er da. Montag ist Abreisetag. Der Van ist allerdings noch nicht ganz fertig. Sebastian hat sich nämlich kurzfristig dazu entschieden, alles was bisher im Van war, rauszuhauen und alles komplett neu zu bauen. Also gehen wir morgens erst nochmal in Sebastians Firma, wo er alle Materialien und alle Maschinen nutzen kann. Acht Stunden später ist alles endlich fertig. Unser Supermobil und auch Sebastian. Außerdem ist es bereits dunkel und Sebastians Jungs konnten uns überreden abends nochmal beim Mexikaner vorbeizuschauen. Unser Abenteuer verschieben wir also auf den nächsten Tag.








Dienstag, 17. April
Pünktlich um Mitternacht fängt es an zu regnen. Und zwar Eimerweise. Im Null komma nix bilden sich kleine Flüsse in den Strassen und es mag nicht richtig hell werden am Morgen. Wir wollten aber doch unbedingt und endlich reisen! Also...wen kümmert der Regen? Der hört schon irgendwann wieder auf. Das Abenteuer beginnt, wir verlassen Manly.


Unser erstes Ziel heißt Palm Beach. Es ist nur ca. 30km nördlich von Manly, soll aber traumhaft schön sein und wir waren tatsächlich noch nicht dort. Vorbei an wunderschönen Stränden wie Bilgola oder Whale Beach , durch Serpentinen die mit absoluten Traumhäusern bestückt sind, kommen wir nach nur 45 Minuten dort an. Und jetzt? Man könnte sich die Umgebung anschauen und zum Leuchtturm hoch. Im Regen? Vielleicht sollten wir erst was Essen gehen, danach wird der Regen bestimmt weniger. Einen Burger und Pommes später, gießt es weiterhin in Strömen. Wir könnten ja schonmal schauen, wo man hier nachts schlafen kann. Also fahren wir durch so ziemlich jede Straße in Palm Beach und finden jeden Platz eher nicht so gut. Wir müssen dazu sagen, dass wir um Geld zu sparen, keinen Campingplatz oder so ansteuern wollen. Wir wollen illegalerweise irgendwo auf der Straße parken und im Auto schlafen. Wild Campen also. Das machen hier alle so. Wird also bestimmt kein Problem darstellen. Einige Zeit später haben wir immer noch keinen Platz gefunden. Wir schauen einfach abends nochmal weiter. Toiletten. Toiletten wären jetzt gut. Also fahren wir  weiter durch die Straßen. Dann brauchen wir auch noch einen Platz, wo man heute Abend und morgen Früh eine Kleinigkeit essen bzw. kochen kann. 40km später beschließen wir in der Nähe der Toiletten und des Barbecue Platzes zu parken und erstmal runter zu kommen. Wir sitzen also im Auto, reden Unsinn und warten dass der Tag vorbei geht. Es regnet weiterhin in Strömen.


Palm Beach


Der nächste Morgen. Wir werden wach bevor die Sonne aufgeht, weil draußen ein kleiner Sturm zu wüten scheint und das Auto hin und her gerüttelt wird. Ob wir überhaupt geschlafen haben, wagen wir zu bezweifeln. Denn ständig wenn man Stimmen hörte, oder ein anderes Fahrzeug unseres mit Scheinwerferlicht durchleuchtete, hatte man Angst, dass die Polizei gleich an die Tür klopft und ein fettes Bußgeld für wildes Campen vergibt. Zwischendurch war das Unwetter so heftig , dass sich der Regen, der nur einen Meter über unseren Köpfen auf das Wagendach hämmerte, anhörte wie ein Presslufthammer, der einen Meter vor dir die Straße aufreißt. Dann war die Matratze, die auf einer Sperrholzplatte aufliegt und so als Bett dient so hart, dass man sich ständig rumdrehen mußte, weil sonst die Hüften und der Rücken schmerzten oder taub wurden.  Und außerdem sind wir schon um 19Uhr ins Bett, weil wir einfach nicht mehr wußten, was wir machen sollten. Dass man ab 1Uhr nachts mehr oder weniger ausgeschlafen ist, daran hatten wir vorher nicht gedacht.


Wir beginnen den nächsten Morgen mit einem ausgiebigen Frühstück unter einem überdachten Barbecue Platz. Es gibt Kaffee, Tee und Toast mit Käse. Heute wollen wir uns vom Regen nicht die Laune verderben lassen. Wir wollen zum Leuchtturm hoch. Regenjacken an und los gehts. Schnell wird der Naturweg aus Baumwurzeln und Steinen aber zum reißenden Fluß. Mit Flip Flops ists zu rutschig, mit festen Schuhen versinkt man in matschigen Pfützen. Was solls. Schuhe aus und weiter. Oben angekommen können wir die gute Aussicht nur erahnen. Macht aber nichts. Wir hatten ein wenig Action und haben ordentlich Zeit verplempert. Am frühen Nachmittag geht es weiter mit Langeweile aufgrund von Regen. Die ersten Sms trudeln ein. "Wenn ihr dem Weltuntergang entkommen wollt und ein trockenes Plätzchen zum Schlafen braucht, kommt zurück nach Manly!" Wir sind jetzt aber Traveller. Da muß man sich halt einfach mit bestimmten Begebenheiten abfinden. Wir beschließen nicht zurück zufahren. Stattdessen fahren wir in der Mal shoppen.


Tag 3. Donnerstag, 19.April.  Es hat tatsächlich aufgehört zu regnen. Überglücklich verlassen wir Palm Beach nach dem Frühstück und fahren durch den Ku-Ring-Gai Nationalpark zu West Head. Einem wunderschönen Aussichtspunkt. Wir wandern einen kleinen Track runter zum Strand und merken erst auf dem Rückweg, dass sich bereits einige Blutegel an uns festgesaugt haben. Mit etwas Mühe werden diese dann vernichtet. Und als wollte uns jemand nach diesem ganzen Schlamassel einen Gefallen tun, sehen wir nur ein paar Minuten später unser erstes lebendes Känguruh am Straßenrand. Der Stress der letzten beiden Tage ist im nu vergessen. Wie auch ein kleiner Blutegel, den Jessi erst 20 Minuten später bemerkte...Pfui! Im totalen Reiserausch gehts abends noch weiter nach Umina Beach vorbei an Akuna Bay und Cottage Point. Nach nur zwei Nächten sind wir schon etwas entspannter, was die Wahl unseres Schlafplatzes angeht. Schnell ist der Mazda in einer bewohnten Seitenstraße geparkt und wir schlafen ein.


Der nächste Morgen. Es ist der erste wirklich sonnige Tag, seitdem wir Manly verlassen haben. Wir schnappen uns also erstmal die Bretter und gehen Surfen. Die Konditionen an diesem Strand, an diesem Tag sind zum Glück ganz gut, so dass wir bestens gelaunt den weiteren Tag verbringen. Wir beschnuppern die Gegend, fahren vorbei an Pearl Beach und durch den Brisbane Water Nationalpark nach Avoca Beach. Auch dort schlafen wir am Straßenrand.


Um den Sonnenaufgang am nächsten Morgen in vollen Zügen genießen zu können, stehen wir um kurz nach fünf auf und fahren zu Mc Masters Beach. Diesen Tipp hatten wir am Tag zuvor von einem Local bekommen. Leider ist es aber schon wieder bewölkt, so dass der Sonnenaufgang irgendwie gar nicht zu beobachten war. Der Strand und die Umgebung sind allerdings so schön, dass wir beschließen am Strand zu frühstücken. Schnell sind Tische, Stühle, Campingkocher, Kaffee, Tee und Toast startklar und wir beginnen den Tag mit einem leckeren Frühstück und Master- Aussicht! Sebastian entflammt noch kurz den Van, da die Gasflasche, mit der wir unseren Kühlschrank manchmal betreiben, eine undichte Stelle hatte, aber auch das ist schnell unter Kontrolle. Es kann also weitergehen Richtung Port Stephens. Wenn nicht 10 Minuten später das Auto seinen Geist aufgegeben hätte. Tank leer! Zum Glück hat Sebastian auch dieses Problem schnell erkannt und tankt 10 Liter aus dem Reservekanister in den mehr als leeren Tank. Jetzt wissen wir also auch wie weit wir so kommen mit einem Tank. 420km! Durch The Entrance, Norah Head, Birdie Beach und vorbei an Newcastle gelangen wir am Mittag zum One Mile Beach. Hier gefällt es uns so gut, dass wir beschließen, für die nächsten dreiTage auf einem Campingplatz zu campen. Wir duschen das erste mal seit vier Tagen warm und haben Strom, um Handys, Kameras und den Laptop zu laden. Purer Luxus! 


One mile Beach


Die nächsten Tage verbringen wir mit surfen, abhängen und Angeln. Wir fahren ein bisschen durch die Gegend, gucken mal hier mal da, klettern auf jeden Berg zu jedem Aussichtspunkt und genießen trotz Regen wirklich traumhafte Strände. Und wir entdecken Pinguine im Hafen. Pinguine? Hier? Hätten wir einfach überhaupt nicht erwartet.


Dienstag, 24.April. Wir verlassen den Campingplatz. Unser nächstes Ziel lautet Seal Rocks. Es gibt keinen, der uns diesen Ort nicht empfohlen hat, also hin. Vorbei an der größten Sanddüne Australiens (ca. 32km lang) sehen wir zum ersten mal Delfine, die mit den Wellen surfen. Ein unglaublich schönes Gefühl. Wir hätten Stunden am Strand stehen und aufs Wasser starren können. Je weiter nördlich man fährt sind Delfine aber auch absolut keine Seltenheit mehr. Also gehts weiter über Hawks Nest, Mungo Brush und durch den Myall Lakes National Park. Befestigte Strassen werden auch immer seltener. Bis die Schotterpiste irgendwann ganz aufhört und wir kurzweilig sehr irritiert sind. Aber das Navi klärt uns schnell auf. "Bitte nehmen Sie die Fähre." Einige Stunden auf unbefestigten Straßen später erreichen wir Seal Rocks. Ein unglaublich schöner Ort, in dem es nichts gibt außer drei Stränden, Klippen, einen Leuchtturm, einen kleinen Shop und einen Campingplatz. Wir gönnen uns wieder drei Nächte auf dem Campingplatz. Mit Strom natürlich. Kosten für drei Nächte, Zwei Personen und einen Van: 90$


Gefahrene km bisher: 794


Wir genießen die nächsten Tage in vollen Zügen. Seal Rocks ist definitiv der schönste Platz, den wir bis heute entdeckt haben. Wieder wird gesurft, Sebastian angelt seine ersten Fische (die aber leider zu klein sind und wieder zurück geworfen werden), wir erklimmen den Leuchturm, Schnorcheln, beobachten Delfine...und sind einfach nur glücklich!


Eines abends entdecken wir ca. 2m neben uns im seichten Wasser einen ca. 80cm großen Stachelrochen. Wir stehen beide mit den Füßen im Wasser, Sebastian angelt, die Sonne geht bereits unter und plötzlich macht Sebastian einen Satz zurück. Vorsicht tödlich!


Freitag, 27. April. Schweren Herzens verlassen wir drei Tage später Seal Rocks. Es gibt einfach noch soo viel zu sehen und außerdem wollen wir in ein paar Tagen Nicola in Brisbane vom Flughafen abholen. Bis dahin sind es noch einige km. Wir landen in Crescent Head bzw. Point Plomer. Wieder übernachten wir auf einem Campingplatz. Nur kaltes Wasser, kein Strom, aber dafür extrem billig und man darf Lagerfeuer machen. Wir haben natürlich gleich zwei Pakete trockenes Brennholz gekauft. Und wir haben auch bestimmt eine Stunde gebraucht, um das leider etwas feuchte Holz zum Brennen zu kriegen. Aber dann brennt es und man genießt die Wärme und fühlt sich wie im Zeltlager mit 16. Und dann fängts an zu regnen.


Lagerfeuer bei Point Plomer


Schon am nächsten Morgen geht es weiter. Es regnet weiterhin. Unser nächstes Ziel heißt South West Rocks. Wieder entscheiden wir uns für einen Campingplatz. Denn es gibt wirklich nichts bescheuerteres, als bei Regen im Auto zu hocken und nichts machen zu können. Klar kann man sich ein paar Filme auf dem Laptop ansehen. Schonmal einen Akku gehabt, der mehr als vier Stunden hält? Ohne Strom nix los. Also buchen wir eine Nacht auf einem Campingplatz direkt am Meer. Direkt heißt, man klettert zwei Meter neben dem Auto ein paar Steine hinunter und paddelt die erste Welle an. Großartig! Es regnet weiterhin, aber nass wird man beim surfen ja eh! Dieser Ort bleibt uns in Erinnerung, als einer der besten Surfspots.


Irgendwann drückt der Regen dann doch auf die Stimmung. Wir entschließen uns also dazu am nächsten Morgen weiter zu fahren. Wir fahren durch Stuarts Point, Grassy Head, ScottsHead, Nambuca Head und Coffs Harbour und landen irgendwann in einem ganz schrecklichen Ort namens Woolgoolga.  Es ist aber schon dunkel und wir haben einfach gar keine Lust mehr  weiter zu fahren. Also übernachten wir in Woolgoolga.


So früh wie möglich gehts am nächsten Morgen weiter über Yamba und Angourie nach Evans Head. Der Ort ist eher mega langweilig, der Strand zu groß, die Wellen zu durcheinander, aber der Keilriemen ist gerissen! Sebastian kanns alleine leider nicht reparieren, also müßen wir am nächsten morgen früh in die Werkstatt und verbringen eine Nacht in Evans Head.


Dienstag, 01. Mai. Schnell ist der kaputte Keilriemen ersetzt und der Mechaniker ist ein echter Kumpel. Nur 20$ später sind wir auf dem Weg nach Byron Bay. Die Sonne scheint und wir genießen diesen Tag, surfen und beschnuppern Hippie- Town. Verrückte Stadt, aber richtig gute Wellen. Hier werden wir ein paar Tage bleiben!


Kurz bevor wir surfen gehen wollten, haben wir allerdings bemerkt, dass irgendwas fehlt. Wir haben da so eine weiße Spülschüssel, in der wir immer alle nassen Surfsachen reinpacken. Diese Schüssel haben wir in Evans Head , vor der Werkstatt vergessen. Wir rufen also Michael, den Mechaniker an und fragen ihn nach der Schüssel. Wir wollen sie morgen abholen, sind jetzt aber schon 80km nördlich in Byron Bay. "Ach ihr seid in Byron? Da wohne ich. Ich bringe euch eure Sachen morgen früh vorbei!" Cheers! Unfassbar cool! Und das rechnen wir den Australiern wirklich hoch an. Sie sind so unglaublich freundlich und absolut hilfsbereit. Dabei nicht überzogen nett (wie z.B. die Amerikaner). Alle sind sehr entspannt, immer gut gelaunt und immer aufgelegt für einen kurzen Plausch. 


Bisher gefahrene Kilometer: 2033


Zusammengefasst erleben wir hier gerade eine verdammt gute Zeit. Natürlich sind da auch die schlechten Tage, an denen es regnet, oder etwas kaputt oder verloren geht. Für diese Dinge wird man hier aber auch immer sehr schnell entschädigt. Sei es durch die Sonne, gute Wellen, seltene Tiere oder einfach durch unglaublich tolle Menschen, die einem hier jeden Tag begegnen.


Freitag, 04.Mai. Heute bekommen wir Besuch aus Deutschland. Nicola besucht uns für die nächsten sechs Wochen. Wir wollen sie im ca. 200km entfernten Brisbane am Flughafen abholen. Wieder sind wir recht früh auf der Strasse. Denn auf einer Strecke von 200km gibt es unglaublich viel zu sehen. Außerdem wollen wir noch in einem Outlet Store an der Gold Coast vorbei, wo man sehr günstig Neos einkaufen kann. Ein paar hundert Dollar leichter, erwarten wir Nicola mit einer Stunde Verspätung am Flughafen in Brisbane.


Welcome Quietsch!

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