Am Freitag, dem 4. Mai ist es soweit. Unsere liebe Freundin Nicola kommt nach Australien, um mit uns einen Teil des Landes zu erkunden. Wir machen uns also mit dem Auto auf den Weg ins 200 km entfernte Brisbane, um sie vom Flughafen abzuholen. Und mit fast einer Stunde Verspätung ist sie um 21 Uhr endlich da.
Von nun an sind wir also zu dritt unterwegs. Für die nächsten fünf Wochen. Und gleich in der ersten Nacht merken wir, dass ein bisschen mehr Organisation dazu gehört, zu dritt zu reisen. Denn mit drei Mann im Van schlafen, ist eigentlich nicht möglich. Viel zu eng. Aber einfach irgendwo am Straßenrand ein Zelt aufschlagen, geht auch nicht. Auf einem Campingplatz einchecken, dafür ist es um 23 Uhr zu spät. Eigentlich hatte sich auch ein Freund eines Freundes angeboten, uns in dieser Nacht zu beherbergen. Der hat es sich aber leider kurzfristig anders überlegt. Da wir aber irgendwann einfach zu müde sind, parken wir den Van auf einem Parkplatz ca. 25km vor Byron Bay und klettern zu dritt in die Koje. Bewegen, unmöglich. Aber irgendwann sind fünf Stunden rum und die Sonne geht auf. Zeit aufzustehen, um nach Byron Bay zu fahren und auf einem gemütlichen Campingplatz einzuchecken.
Dort angekommen, müssen wir erfahren, dass der nächste Montag ein Feiertag ist und somit langes Wochenende. Logisch, dass also bereits so ziemlich alle Campingplätze ausgebucht sind. Wir finden dann aber doch noch ein Plätzchen etwas ab vom Schuss. Und um den ersten Tag in Australien für Nicola so schön wie möglich zu machen, gehts natürlich gleich ins Wasser. Wir verbringen den Tag mit surfen. Am Abend gibts Livemusik und Bier zur Bekämpfung des Jetlags.
Gefahrene km insgesamt: 2526
Am nächsten Tag gehts nach Nimbin, auf ein Festival namens Mardigrass. Das ist im ganzen Land bekannt. Eine Stadt, wo jeder zu kiffen scheint und alle für die Legalisierung von Marihuana sind. Hauptsächlich aus medizinischen Gründen natürlich. Auch bei diesem Festival geht es um nichts anderes. Die Leute, egal ob 8 oder 88 Jahre alt, verkleiden sich als Fehen oder Fantasiegestalten, rauchen Gras, tragen etliche Plakate und einen 20m großen Riesenjoint durch die Strassen und machen sich so für die Legalisierung von Marihuana stark. Und das drei Tage lang, jedes Jahr aufs Neue. Da wir so schlau waren, unseren Van auf einer mehr als schlammigen Wiese zu parken und dann natürlich stecken bleiben, sind auch wir gezwungen eine Nacht zu bleiben. Denn um uns rum ist jeder breit und keiner will sein Auto bewegen. Was für ein Pech! Und hätten wir uns einfach vorher schonmal umgeschaut, hätten wir bemerkt, dass so ziemlich jedes Auto im Schlamm steht und sich nicht mehr bewegen lässt. Aber wie das eben manchmal so ist...
Der Morgen danach. Der Besitzer dieser Wiese ist mittlerweile so schlau und nimmt für jedes Auto, dass er mit seinem kleinen Traktor aus dem Schlamm zieht $10. Zum Glück haben unsere Nachbarn aber nen fetten 4x4 mit ordentlich PS unterm Arsch. Keine 30 Sekunden später stehen wir wieder auf dem Trockenen. Also gehts gleich zurück nach Byron Bay, um die nächsten drei Tage möglichst viel Zeit auf den Surfboards zu verbringen.
10. Mai, Donnerstag. Die männliche Putzfee unseres Campingplatzes erzählt uns von Mount Warning. Das ist der Berg, den wir seit Tagen aus der Ferne sehen, aber anscheinend keine Ahnung davon haben, wie toll dieser Ort zu sein scheint. Also packen wir unsere Sachen und fahren hin. Verschaffen uns einen ersten Eindruck vom herumliegenden Regenwald und verbringen die Nacht auf einem naheliegenden, sehr einfachen Campingplatz mit Lagerfeuer. Einfach heißt: Es gibt Toiletten und Duschen, warmes Wasser kostet aber extra und es gibt eine überdachte Kochstelle. Alles, was man braucht!
Am nächsten Morgen in aller Frühe gehts dann endlich los. Mount Warning. Der Aufstieg dauert ca. drei Stunden. Der Berg ist nur 1156 m hoch, aber es gibt einfach soo viel zu entdecken. Riesige Bäume mit noch riesigeren Wurzeln und etliche, verschiedene Vogelarten, die mit ihren Gesängen diesen Berg irgendwie magisch erscheinen lassen. Das letzte Stück, kurz vor dem Gipfel ist das steilste. Angebrachte Stahlketten, an denen man sich hochziehen kann, helfen dabei dieses letzte Stück zu bewältigen. Und der Ausblick oben ist fantastisch. Sogar die Skyline der Goldcoast ist zu sehen. Unser nächstes Ziel!
Mit Zwischenstop an der Natural Bridge und Point Danger, kommen wir zwei Tage später an der Gold Coast an. Inmitten aller Wolkenkratzer und Hochhäuser bauen wir unser Lager auf. Auf einem Campingplatz am Main Beach. Sehr gewöhnungsbedürftig. Und eigentlich nicht unser Stil. Nachdem wir so viele verlassene aber dafür wunderschöne Orte entdeckt haben, ist es sehr komisch wieder in einer großen Stadt zu sein. Aber wir geben der Gold Coast eine Chance. Essen viel zu teuren Fisch , begegnen zu vielen Partytouristen und haben beschissene bis gar keine Wellen. Ne Fahrradtour haben wir gemacht, die war super. Das wars aber auch. Sorry Gold Coast, we don't like you!
Dazu kommt noch, dass sich unsere Urlaubskasse so langsam dem Ende zuneigt. Die sollte eigentlich viel länger halten. Schlechte Laune verbreitet sich. Auch Nicola ist geschockt. Selbst wenn man sich nicht wirklich was leistet, geht das Geld hier weg wie nix. Dann erzählt uns ein Päärchen aus Aachen, dass sie die letzten zwei Monate damit verbracht haben, Orangen zu pflücken und auch gar nicht so schlecht verdient haben. Und wie vom Himmel gerufen, erscheint schon am nächsten Tag eine Anzeige in der Lokalzeitung. Fruitpicker wanted! Wir rufen gleich an und am anderen Ende der Leitung wird uns Hoffnung gemacht. Einziger Haken: Wir müssen im Haus des Farmers wohnen für mindestens zwei Wochen und dafür natürlich Miete bezahlen. Am besten wäre es, wenn wir einfach vorbei kommen würden. Dann könnte man über alles reden.
Nach reiflicher Überlegung kommen wir zu dem Entschluß, nach Caboolture zu fahren. Denn die Dinge sind oft ganz anders wenn man erst einmal vor Ort ist. Im Auto auf dem Weg dorthin werden noch Witze gemacht. "Ein einsames, schönes Haus, bellende Hunde, grasende Rinder, der Farmer Harry, der uns in Latzhosen das Tor öffnet und seine Frau Margret, die in der Küche einen Braten mit Fleisch aus eigener Haltung zubereitet..." Dort angekommen sind wir ziemlich geschockt von der Stadt, der Umgebung und dem Haus und dem eigentlichen Farmer. In Wirklichkeit hat das alles nichts mit dem zu tun, was wir uns erhofft hatten. Um die Wahrheit zu sagen, sind wir in einem riesigen Industriegebiet gelandet, wo die Leute nichts besseres zu tun haben als Autos auf lächerlichste Weise aufzumotzen und möglichst früh viele Kinder zu machen. Das Haus war das herunter gekommenste in der eh schon viel zu asozialen Straße und der Farmer war ein seit langem ungeduschter, sehr ekliger Typ mit kurzen Hosen, offenem Hosenstall, kein T-shirt aber ein Sakko an (alles seit Monaten nicht gewaschen) und riesiger Narbe über den kompletten, fett raushängenden Bauch. Der Typ hat so schwer geatmet, dass er scheinte als würde er jeden Moment umkippen. Da sind wir also, lovely Caboolture! Zum Glück, begegnen wir ein paar Leuten vor dem Haus, die dort zu wohnen scheinen. Und schon startet die Fragestunde. Doch alle scheinen Arbeit zu haben und von Spiro (so heißt der "Farmer"), bekommt man nichts mit. Fünf Minuten später sitzen wir in Spiros Büro, der Garage, und hören uns an, was er uns zu erzählen hat, denn Fakt ist,wir brauchen Geld! Was wir zu diesem Zeitpunkt irgendwie ausgeblendet haben, ist dass wir in zehn Tagen mit vier von Sebastians Arbeitskollegen und liebgewonnenen Menschen in Byron Bay verabredet sind, um unter anderem Jessis Geburtstag zu feiern. Für diese kurze Zeit, sei es unmöglich einen Job zu finden, zumal es auch erstmal ein paar Tage braucht, bis sich überhaupt ein passender Job findet. Was nun?! Nach Stunden langem Kopfzerbrechen, hat Nicola die Idee, erstmal weiter nördlich zu fahren, um Abstand zu gewinnen und sich in Ruhe Gedanken zu machen, wie es nun weitergeht. Und das war wahrscheinlich das Beste, was wir hätten machen können...
80km nördlich kommen wir nach nur 90 minütiger Fahrt in Noosa an. Die Sonne scheint und diese Stadt scheint verdammt schön zu sein. Noosa gehört zu den Orten, die man laut etlicher Freunde gesehen haben muß! Nachdem wir uns im Touristen Zentrum schlau gemacht haben, fahren wir mit dem Van noch ein Stückchen weiter nach Noosa North Shore. Einer Halbinsel, wo es außer einem sehr schönen, einfachen Campingplatz nicht sehr viel gibt. Genau das was wir brauchen. Natur zum Durchatmen! Nachdem wir mit der Fähre übergesetzt haben, ist der Campingplatz nicht schwer zu finden. Denn außer diesem und einem edlen Ferienresort gibt es tatsächlich nichts auf dieser Insel. Kurz vor der Einfahrt sehen wir dann unser erstes Känguruh aus nächster Nähe. Es ist ziemlich groß, grast ganz friedlich und scheint sich an uns gar nicht weiter zu stören. Beim einchecken erfahren wir dann, dass Känguruhs hier wohl gar nicht so selten sind. Wir parken den Van auf einer riesigen Wiese direkt vor der Düne mit einem kleinen Durchgang direkt zum Strand. Was für ein wunderschöner Ort. Nur wenige Camper sind mit uns auf diesem Platz. Die Sonne geht unter, der Himmel erscheint in den schönsten Farben, Papageien tummeln sich in den Bäumen und dann plötzlich...noch mehr Känguruhs. Inmitten der wenigen Campervans grast eine ganze Känguruhfamilie. Wir schleichen uns natürlich gleich ran, um ein paar Photos von diesen eigentlich scheuen Tieren zu machen. Und dann kommt dieses ältere Ehepaar und meint man könnte sie füttern und streicheln. Und dann streicheln wir zum ersten mal in unserem Leben wilde Känguruhs. Die Mädchen sind im nu verzaubert, die Geldsorgen sind vergessen, dafür zwei weitere Nächte gebucht.
Zum Wochenende hin wird dieser Ort dann immer voller. Immer mehr Kinder kommen und jagen den Känguruhs hinterher. Dieser Ort verliert seinen Zauber. Wir entscheiden also weiterzufahren. Und zwar zurück nach Byron Bay. Denn bis jetzt hatten wir den besten Surf dort. Außerdem ist wirklich immer was los. Nicola nimmt sich ein Zimmer in einem Hostel und wir suchen uns ein Plätzchen am Strassenrand und schlafen im Van. So können wir Geld sparen und Nicola muß in Ihrem Urlaub auf nichts verzichten. Wir verbringen die nächsten Tage mit Surfen und Relaxen. Die Mädchen gehen shoppen und Eis essen und Sebastian angelt seine ersten zwei Fische, die groß genug sind, um sie zu essen. Köstlich wars!
Gefahrene km insgesamt: 3835
26. Mai, Freitag. Ein großartiges Wochenende steht uns bevor, denn heute kommen Ben, Mark, Mark und Owen nach Byron Bay. Diese Jungs waren Arbeitskollegen von Sebastian in Manly und vermissen Sebastian so sehr, dass sie für ein Wochenende hochgeflogen kommen, um ausgiebig mit uns zu feiern. Ben hat schon Wochen vorher ein Haus für uns gemietet. Ein kleiner Palast wie sich herausstellt. Mit vier traumhaften Schlafzimmern, zwei noch traumhafteren Badezimmern, einer riesigen Küche und einfach massig Platz um sich drei Tage lang auszutoben. Nachdem wir eine Woche lang im Van am Strassenrand geschlafen haben ein absoluter Traum! Wir gehen surfen, begegnen Delphinen und Walen im Wasser, kochen, essen, betrinken uns, gehen feiern und die Jungs springen aus nem Flugzeug. Mit einem Fallschirm versteht sich. Im großen und ganzen erleben wir ein fantastisches Wochenende, an das wir heute noch gerne zurück denken.
29. Mai, Dienstag. Die Realität hat uns wieder. Nach diesem Wochenende ist die Reisekasse nochmal um einiges geschrumpft und wir brauchen so schnell wie möglich einen Job um etwas Geld zu verdienen. Die tatsächlich einzige Möglichkeit scheint zu diesem Zeitpunkt Caboolture zu sein. Also machen wir uns zu dritt auf den Weg. Haben ein zweites Gespräch mit dem "Farmer" Spiro und entscheiden uns erstmal zwei Wochen lang dort zu bleiben, um einen Farmjob zu ergattern. Nicola möchte zwar nicht unbedingt arbeiten in ihrem Urlaub, bleibt aber trotzdem ein paar Tage mit uns dort, um dann alleine weiter nach North Stradbroke Island und Brisbane zu reisen. Viel zu schnell sind sie rum, die fünf Wochen mit Jessis Lieblingsmädchen.
Vielen lieben Dank für die großartige Zeit und die vielen atemberaubenden Dinge, die wir zusammen erleben durften! Du hast uns die Heimat nach Australien gebracht und damit ganz besonders Jessi eine riesen Freude bereitet!