Sonntag, 29. Juli 2012

Winter



Da sind wir also. Spiros working Hostel in Caboolture. Und der erste Job lässt auch gar nicht lange auf sich warten. Nur vier Tage nachdem wir eingecheckt haben, klopft Spiro morgens um fünf an unsere Tür und reißt uns aus dem Schlaf. Er brüllt: Ich hab Arbeit für euch. Ihr könnt Erdbeeren pflücken auf einer Farm. Wenn ihr Interesse habt, dann seid in 15 min in meinem Büro! Etwas irritiert von der Art und Weise uns über einen Job zu informieren, entscheiden wir uns diesen Job zu machen. Dafür sind wir schließlich hier. Wir bekommen eine Adresse und sind nur eine Stunde später auf der Farm. Wir und 30 andere. Ausschließlich Chinesen versteht sich. Die sind zwar alle irgendwie…anders, aber im Grunde keine schlechten Menschen. Und dann geht’s los. Jeder bekommt eine Nummer. Diese Nummer steht auf etlichen kleinen Plättchen, die alle bunt gemischt in Erdbeerkörbe geworfen worden. Jeder muß also zu erst so vielePlättchen mit der eigenen Nummer wie möglich aus diesen Körben fischen, um nachher die von ihm gepflückten Erdbeeren kennzeichnen zu können. Die Chinesen werfen sich sofort auf die Körbe und suchen eifrig. Dabei wird auf chinesisch geschnattert was das Zeug hält und es wird richtig laut. Wir dachten uns, wir warten bis der Andrang etwas abnimmt. Doch schon im nächsten Augenblick heißt es: You need your number, don’t be shy!

Dann geht’s an die Erdbeerfelder. Wie Soldaten fangen die Chinesen an in Windeseile ihre Körbe voll zu machen. Nicht dass wir getrödelt haben, wir haben uns wirklich beeilt. Trotzdem waren wir weitaus langsamer und haben wirklich Mühe gehabt, am Ball zu bleiben. Dazu kommt, dass wir beide mit 1,76m und 1,90m Körpergröße mit Abstand den weitesten Weg zur Erdbeere hatten. Schon nach einer halben Stunde konnten wir uns kaum noch aufrichten. Die Chinesen bemerken das, lachen und fragen: Rückenschmerzen? Haha, das geht vorbei!

Natürlich fängt es dann auch noch an zu regnen und die Felder werden zu Matsche. Die Chinesen haben natürlich alle Gummistiefel an. Wir robben irgendwann barfuß dadurch. Wenn man nämlich bis zum Knöchel im Sumpf steht, verschont man seine Schuhe lieber. Der Boden war aber so kalt, dass man irgendwann nicht nur mit Rückenschmerzen sondern auch mit Krämpfen in den Füßen zu kämpfen hatte. Fünf Stunden später sind wir dann endlich fertig. Zum Glück hatten die Chinas gestern schon die Felder so kahl gepflückt, dass es für heute einfach keine reifen Erdbeeren mehr gibt. Unsere Rettung. 
Als es dann um die Abrechnung geht sind wir noch mal kurz geschockt. Wir werden pro Kilo bezahlt. Das wussten wir vorher. Was wir nicht wussten ist, dass wir so langsam sein werden und nicht in der Lage sind, viele Kilos zu pflücken. So bekommen wir für diese fünfstündige Sklavenarbeit umgerechnet ca.75€. Für beide zusammen! Tschüß Erdbeerbusiness!



Ayleen's Haus 


Wir brauchen einen neuen Plan. Durchforsten weiterhin das Internet nach neuen Jobs und stoßen auf eine Anzeige, in der eine allein stehende Frau auf der Suche ist, nach Leuten, die sich um ihre Hunde und ihr Haus kümmern wenn sie nicht da ist. Wir rufen an und verabreden uns für den nächsten Tag. Wir treffen Ayleen. Knapp über 50, riesengroßes Haus mit riesemgroßem Grundstück, zwei Pferde, sechs Dobermänner. Ihr Mann arbeitet momentan in Neuseeland und kommt nur alle paar Wochen mal vorbei. 

Leider stellt sich in dem Gespräch raus, dass wir nicht die richtigen Leute für diesen Job sind, da wir so bald wie möglich weiterreisen wollen. Aber wir sind uns sofort sympathisch und sie bietet uns an, in ihrem Haus zu wohnen.Hin und wieder können wir ihr dafür mit den verschiedensten Dingen helfen. Wir müssen nicht lange überlegen und ziehen schon einige Tage später bei ihr ein. Wir genießen ein großes Zimmer mit riesigem Doppelbett, ein Badezimmer, das einem Wellnestempel ähnelt und all die kleinen Annehmlichkeiten wie Strom, Kühlschrank und Fernsehen.  Dafür bauen wir Hundezäune, reparieren kaputte Duschkabinen und Löcher in den Wänden, schalten Internetanzeigen und vor allem Jessi kümmert sich um die sechs Hunde, die mittlerweile aber auch schon elf sind. Ayleen ist nämlich Züchterin und bekommt mindestens zwei mal im Jahr Nachwuchs . Die Zahl der Hunde, mit denen wir für ca. acht Wochen zusammenleben steigert sich auf insgesamt 19 plus weitere sechs, die aber erst geboren werden, nachdem wir schon wieder einige Tagen reisen.

Nun gut. Trotzdem wächst das Geld hier nicht auf Bäumen. Sebastian entscheidet sich also, den Erdbeeren noch eine Chance zu geben und findet einen Job als Koordinator und Verpacker mit festem Stundenlohn. Jessi hat weitaus größere Schwierigkeiten einen Job zu finden. Ein Thai Restaurant scheint die letzte Rettung zu sein. Der Job hat wirklich Spaß gemacht und die Bezahlung war auch in Ordnung. Leider ist aber Winter und somit Off- Season, so dass die Chefin sich dann doch dagegen entscheidet, jemandem einzustellen.


Im Juli kommt dann die erlösende Nachricht. Wir bekommen eine Steuerrückzahlung. Sebastian bekommt einen ordentlichen Batzen Geld wieder, da er die ersten vier Monate, in denen wir in Manly gearbeitet haben, Steuern gezahlt hat. Für  Leute mit einem Visum wie wir es haben, sind jedoch die ersten 18.000 verdienten Dollar steuerfrei. Sobald das Geld auf dem Konto ist, geht’s also weiter mit unserer Reise. Endlich.

Eine Woche bevor es dann wieder losgehen soll wird es nochmal hektisch. Denn wir bekommen einen Anruf von Sebastian aus Hamburg, der sehr großes Interesse daran zeigt, unseren Van zu kaufen. Den haben wir nämlich schon seit Wochen im Internet zum Verkauf angeboten. Aus folgendem Grund. Auf unserer bisherigen Reise durch Australien mussten wir immer wieder feststellen, dass es verdammt viele Orte gibt, die man nur mit einem 4x4, einem Allradantrieb betriebenen Fahrzeug befahren kann. Diese Orte waren die schönsten  Strände oder National Parks. Wenn es uns also möglich ist, unseren Van gewinnbringend zu verkaufen und dafür einen 4x4 zu kaufen, dann wollen wir das machen. Und wie das dann manchmal so ist. Erst ruft sechs Wochen gar keiner an, sondern erst  kurz bevor man sich dazu entschieden hat, doch einfach mit dem Van weiter zu reisen. Dafür verliefen die Geschäfte dann aber reibungslos. Sebastian aus Hamburg kauft unseren Van und wir kaufen nur zwei Tage später einen 4x4. Einen Mitsubishi Pajero. Wir packen ein Zelt oben drauf und verlassen Anfang August Caboolture. 


Unser neues Auto

Diese letzte Zeit war die mit Abstand schlechteste Zeit für uns hier in Australien.Das ist auch mit der Grund warum wir diesen Teil möglichst kurz halten. Es gab nur wenig Arbeit und damit auch wenig Geld.Wir konnten nicht weiterreisen. Wir konnten diese schreckliche Stadt nicht wirklich verlassen. Natürlich war das Leben zusammen mit Ayleen und den vielen Hunden etwas besonderes. Aber es war nicht das, was wir uns so sehr gewünscht haben. Reisen. Auf der Straße leben. Jeden Tag neue wundervolle Orte und Dinge erleben. Interessante Menschen kennenlernen. Das haben wir in dieser Zeit erkannt. Reisen bedeutet auf vieles zu verzichten aber macht dich trotzdem reicher! Jeden Tag!